Informationsbedarf der Enterprise Architektur – Teil 3

Informationsbedarf der Enterprise Architektur – Teil 3

Im dritten und letzten Teil der Reihe  geht es um den Einsatz von Werkzeugen im Umgang mit Enterprise Architecture sowie einige Dinge, die es dabei zu bedenken gilt.

Teil 1 gab Überblick und Motivation für das Thema. Teil 2 beinhaltet den konkreten Bedarf an Informationen und den Umgang damit.

Der ganze Beitrag ist in dem Buch „Erfolgsfaktor Informations Management“ (ISBN 978-3-00-053730-1) enthalten und kann hier bestellt werden.

Werkzeuge

Für die Verwaltung der Informationen im „Architecture Repository“ hat sich eine eigene Gattung von Software herausgebildet, „Enterprise Application Management Tools“ oder auch allgemeiner „Enterprise Architecture Tool“. Das Spektrum geht dabei von der reinen Verwaltung der „Architecture Landscape“ bis hin zu modular aufgebauten Frameworks von erheblicher Komplexität.


Unter den Anbietern zu finden sind  Troux mit dem gleichnamigen Produkt, „Rational System Architect“, welches IBM Ende 2015 an Unicom Systems verkauft hat, die Software AG mit „Aris“ und „Alfabet“, der derzeitige Marktführer Mega mit seinem gleichnamigen Produkt sowie Iteraplan mit „iteratec“, welche als Open Source Software in einer sogenannten „Community“ (kostenlos) und „Enterprise“ Edition angeboten wird.

Manche der Lösungen verarbeiten mehr als die oben beschriebenen Informationen des „Architecture Repository“. Die meisten der angebotenen Produkte haben einen Suite-Charakter und umfassen auch das Anforderungs-Management,  das modellieren von Geschäftsprozessen (Business Process Models), budgetäre Informationen sowie Komponenten zur Projektplanung und -steuerung.

Bei Auswahl von umfangreichen Lösungen sollte man eine angemessene Einarbeitungszeit sowie zusätzlichen Beratungsleitungen des Herstellers einplanen. Der Vorteil von modular aufgebauten Suiten ist das „mitwachsen“ der Lösung. Dies erlaubt die stufenweise Erweiterung um neuen, höheren Anforderungen an das Enterprise Architektur-Management gerecht zu werden.  Einige Produkte erlauben ebenfalls eine Partitionierung der Informationen und mehrfache Installation, um den föderalen Aufbau größerer, IT-zentrischer Organisationen zu unterstützen.

Das Lizenzmodell der Anbieter sollte vor einer Produktauswahl genauer Untersucht werden. Bei einige Anbietern, wie der Software AG, reicht die Produktpalette von kostenlosen Einsteigerversionen bis hin zu komplexen Installationen, welche Investitionen im Millionen Euro Bereich entsprechen. Die meisten Hersteller bieten flexible Modelle bei den Lizenzen an. So gibt es benutzerbezogen (named user) Lizenzen, sogenannte „floating licenses“, Lizenzen per Installation und globale, Multi-Installationen Lizenzen.

Es besteht auch die Möglichkeit sich ein Informationsmanagement-System für die Enterprise Architektur durch das Kombinieren verschiedener, eventuell schon vorhandener, Werkzeuge selbst aufzubauen.  Nicht unüblich, zum Beispiel, ist die Kombination aus Microsoft SharePoint, Visio und einem Wiki. SharePoint dient hierbei als Content-Management Plattform, Visio der Erstellung von Diagrammen und das Wiki als Benutzerschnittstelle.

Das Werkzeug sollte der Größe der System-Landschaft und dem Reifegrad der Architektur-Funktion angemessen sein. Die reichhaltigen Möglichkeiten von umfangreichen Suiten gehen ohne die eigene Anforderungen zu kennen, unter Umständen über den Bedarf hinaus.

Bei der Werkzeugauswahl entsteht leicht eine Henne-Ei-Situation: Nehme ich zuerst ein Werkzeug und lege meine Architektur-Funktion danach aus, oder lege ich zuerst meine Architektur-Funktion fest und suche mir das dazu passende Werkzeug aus?

Die Werkzeug-getrieben Enterprise Architektur ist empfehlenswert, wenn der Reifegrad der Architektur-Funktion nicht hoch ist, hat aber den Nachteil, dass über die vom Werkzeug geführten Fähigkeiten hinaus, eine eigene Vision nur schwer zu verwirklichen ist. Auch gibt es Hinweise, dass „Conway’s Law“ ebenfalls für die Verbindung von Enterprise Architecture Tool und den Entwürfen gilt. „Conway’s Law“ besagt: „Organisationen, die Systeme entwerfen, […] sind auf Entwürfe festgelegt, welche die Kommunikationsstrukturen dieser Organisationen abbilden.“

Andererseits ist die Konzeption einer Enterprise Architektur-Disziplin unter Umständen ein ressourcen-intensives Unterfangen. Die Unterstützung der Führungsebene könnte bröckeln, wenn nicht auch schnell Ergebnisse geliefert werden. Allerdings ist eine eigenständige und gute Vision, mit der entsprechenden Konzeption und  Werkzeugunterstützung, durchaus ein Wettbewerbsvorteil für IT-intensive Organisationen.

Fazit

Die anfallende Informationsmenge und der Informationsbedarf in der Enterprise Architektur ist von der Unternehmensgröße, der Anzahl der Systeme und vom Reifegrad der Organization abhängig.

Eine zu schwaches Informations-Management kann zu einer Vernachläßigung der Architektur-Führung führen, mit der Folge erhöhter Gesamtkomplexität der Architektur-Landschaft durch großer Heterogenität der Lösung und funktionalen Redundanzen.

Ein zu starkes Informations-Management kann über das Ziel hinausschiessen und verursacht einen erheblichen administrativen Aufwand. Anpassungen der Architektur-Funktion ziehen unter Umständen Aufwände im Bereich des Informations-Management nach sich. Eine größere Homogenität der Architekturen und Reduktion der funktionalen Redundanzen sind allerdings möglich. Es muss dabei auch berücksichtigt werden, dass sich Standardisierung und Innovation diametral gegenüberstehen. Eine permanente Innovation verhindert eine wirkungsvolle Standardisierung und eine starke Standardisierung erlaubt keine Innovation. Diese Aspekte gehören ausbalanciert.

Das Angebot an Werkzeugen unterstützen verschiedene Ausprägungen. Die Marktführer haben allerdings den Fokus auf ein starkes, umfängliches Informations-Management, welches im Bedarfsfall durch Reduktion auf den entsprechenden Anwendungsfall angepasst wird.

Bei der Produktauswahl sollte ein Mindestmaß an Konzeption der Architektur-Funktion  in der Organization vorhanden sein. Die Konzeption muß aber keineswegs vollumfänglich sein bevor ein Werkzeug ausgewählt wird. Dabei sollte man allerdings berücksichtigen das der Umfang der Investition dem Umfang der Konzeption angemessen ist. Also schwache Konzeption, schwache Investition und starke Konzeption, starke Investition.

Die Verbindung zwischen dem Enterprise-Architektur-Tool und des Entwurfs der Enterprise Architektur (Conway’s Law) bedingt, dass das Werkzeug ebenfalls den gleichen Anforderungen an Flexibilität und Agilität entspricht. Es muss sich schnell den Veränderungen der Architektur-Funktion anpassen lassen.

Entwicklung im Bereich der Open Source Software versprechen neue, flexiblere Ansätze. So erlauben Graphdatenbanken nicht nur das effiziente Verwalten von Diagrammen, sondern erlaubt auch Informationen zu Verbinden, ohne vorherige relationale Abbildungsanweisungen zu formulieren. Gleichsam wie auf einer Landkarte kann man zwischen „Informations-Siedlungen“ über ihre Verbindungen traversieren, um z.b. alle „Nachbar-Siedlungen“ auszumachen. Die Entkopplung von Funktionsgruppen (Services) in der Verarbeitung der Informationen, sowie HTTP-basierte Protokolle erlauben einen modularen Aufbau mit guter Integration und guter Änderbarkeit.

Man kann auf die Evolution der Enterprise-Architcture-Tools in naher Zukunft gespannt sein. Werkzeug-Hersteller die ein Lizenzmodell auf Nutzerbasis oder komplexe Bedienoberflächen anbieten, verpassen womöglich den Zeitgeist und bekommen in Zukunft weniger „likes“. Die Open Source Communities und die sozialen Netzwerke zeigen das verteilte Zusammenarbeit und der Informationsaustausch Spaß machen kann.

Quellen

Blind Men and an elephant – https://en.wikipedia.org/wiki/Blind_men_and_an_elephant

Open Group TOGAF 9 – https://www.opengroup.org/togaf/

Open Group ArchiMate – https://www.opengroup.org/archimate/

Frederic Vester, Neuland des Denkens – Vom technokratischen zum kybernetischen Zeitalter, dtv, München 1984 / 2002, ISBN 3-423-33001-5

Gartner, Magic Quadrant for Enterprise Architecture Tools 2015

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