Kundenkommunikation aus einem Guss – Teil 1

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der zeitgemäßen Kundenkommunikation.

Im ersten Teil des Beitrags geht es um Anforderung an die Kundenkommunikation für eine individuelle und persönliche Ansprache zu realisieren des „Tante Emma-Prinzips“. Der zweite Teil erscheint demnächst und beschäftigt sich mit Lösungen und enthält das Fazit.

Der ganze Beitrag ist in dem Buch „Erfolgsfaktor Informations Management“ (ISBN 978-3-00-053730-1) enthalten und kann hier bestellt werden.


„Es ist viel teurer, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen vorhandenen Kunden zu halten.“

„Ein Großteil der verärgerten Kunden wechselt zur Konkurrenz.“

„Zufriedene Kunden sind die besten Werbeträger eines Unternehmens.“

Drei gute Gründe, um sich um die eigenen Kunden besonders liebevoll und möglichst individuell zu kümmern und sie nicht zur Konkurrenz zu treiben. Das ist keine neue Idee und wurde schon von der guten alten „Tante Emma“ praktiziert. Besonders in großen Unternehmen ist dies allerdings nicht mehr so ohne weiteres möglich, denn einem Kunden stehen in der Regel meist zahlreiche Mitarbeiter aus unterschiedlichen Verkaufs- bzw. Kommunikationskanälen gegenüber. Dies gilt ganz besonders im Geschäftskontakt mit Privatkunden. Trotz Massenkommunikation und neuen Medien möchte der Kunde immer als Individuum – eben wie bei Tante Emma – wahrgenommen werden.

Somit bedarf es eines ausgeklügelten Informationsmanagements, um über alle Kommunikationskanäle und über alle Unternehmensbereiche hinweg ein konsistentes und individuelles Auftreten gegenüber dem Kunden sicherzustellen.

Doch viele Unternehmen haben keinen vollständigen Überblick über die Kontakte mit ihren Kunden: Welcher Kunde wurde über welchen Kanal und mit welchen Inhalten kontaktiert – eine Frage die zumeist nicht befriedigend beantwortet werden kann. Verschiedene Geschäftsbereiche haben Kontakt zu ein und demselben Kunden mit unterschiedlichen Inhalten über verschiedene Kanäle, ohne voneinander zu wissen. In Folge hat man es mit verärgerten, unzufriedenen Kunden zu tun, die bei der nächsten Gelegenheit zur Konkurrenz wechseln werden.

Über die neuen Kanäle wie Internet, E-Mail und soziale Netzwerke hat sich das Kommunikationsverhalten der Kunden in den letzten Jahren stark verändert. Zusätzlich ist auch die Komplexität der angebotenen Produkte gestiegen. Diesen Veränderungen ist Rechnung zu tragen um im Wettbewerb bestehen zu können, denn das nächste Angebot ist meist nur einen „Klick weit“ entfernt.

Nach wie vor ist neben den neuen Medien auch das Telefon eine wichtige Säule im Kontakt mit dem Kunden. Doch bevor der Kunde heutzutage zum Hörer greift, hat meist vorher an anderer Stelle etwas nicht geklappt oder es blieben Fragen offen, die über die digitalen Kanäle nicht zufriedenstellend geklärt werden konnten. Umso wichtiger, dass das Servicecenter einen möglichst vollständigen Überblick über die vorherigen Kontakte und Kontaktkanäle hat.

Die Entwicklungen im digitalen Zeitalter stellen die Unternehmen immer wieder vor neue Herausforderungen. Das Kommunikationsmanagement muss darauf flexibel reagieren und sowohl mobiler und schneller, als auch individueller und kompetenter werden.

Ein Bild von der Lage machen und eine Vision entwickeln

Um herauszufinden, wie sich die Situation im eigenen Unternehmen darstellt, ist es sinnvoll, zunächst eine grobe Bestandsaufnahme bzw. Schwachstellenanalyse durchzuführen. Erste Ansatzpunkte können gefunden werden über:

  • Befragung von Kunden (z.B. Interview, Fragebogenaktionen)
  • Workshops, Befragung von Mitarbeitern aus tangierten Abteilungen z.B. Kundenservice, Beschwerdemanagement, Marketing, eCommerce, PR-Abteilung, Außendienst.
  • Auswertung von strukturiert vorliegenden Informationen z.B. aus dem Kontakt- und Beschwerdemanagement.
  • Nach Möglichkeit Auswertung oder Analyse aus Stichproben von unstrukturierten Informationen z.B. aus Chats, sozialen Netzwerken, Websites, Blogs etc…..
  • Benchmarking (Konkurrenzbeobachtung)
  • Beobachtung von neuen Trends und Entwicklungen

Im Ergebnis wird sich ein Bild der Stärken und Schwächen in der Kommunikation aus Kunden- und Abteilungssicht ergeben, aus welchem das weitere Vorgehen bzw. eine Vision abgeleitet werden kann. Hier ein Beispiel aus einer Kundenbefragung:

 

Schwäche Beschreibung Kundenwahrnehmung
Keine persönliche und einheitliche Ansprache Begrüßung inkonsistent: „Sehr geehrter Kunde“ in einem Brief, im nächsten Brief: „Liebe Frau Müller“ Kunde irritiert, fühlt sich nicht persönlich angesprochen
Ansprechpartner inkonsistent “Ihr Team vom Kundenservice” in einer Mail, “Frau Mustermann”  oder “Dein Team von Firma XY“ in der nächsten Mail. Kunde irritiert, fühlt sich nicht persönlich aus einer Hand betreut
Angebote im Internet passen nicht zum Kunden (z.B. Tierfutter wird angeboten obwohl der Kunde gar kein Tier hat) Kunde genervt, fühlt sich nicht persönlich angesprochen
Fehlende Informationen Kunde ruft an weil seine letzte Beschwerde über Mail nicht bearbeitet wurde. Kundenbetreuer hat keine Informationen darüber und muss den Kunden nach den Details fragen. Kunde fühlt sich nicht persönlich betreut, reagiert genervt und verärgert
Fehlende Transparenz Absender SMS 4711… wie zufrieden waren Sie… Kunde kann nicht erkennen, von wem die SMS kommt und wird nicht darauf reagieren
Produktinformationen zu technisch, nicht praxisgerecht – „Fachjargon“ Kein Verständnis auf Kundenseite, Kunde reagiert genervt und verwirrt
überflüssige/wider-sprüchliche Botschaften widersprüchliche Aussagen zum selben Produkt über den selben/unterschiedliche Kanäle Kein Verständnis auf Kundenseite, Kunde reagiert genervt und verwirrt
Januar: Angebot Vertragswechsel A->B, März: Angebot Wechsel zurück B->A Kein Verständnis auf Kundenseite, das macht keinen Sinn, Kunde reagiert genervt und verwirrt
Zu häufige Ansprache Kunde bekommt innerhalb kurzer Zeit dieselben/unterschiedliche Informationen über den selben/unterschiedliche Kanäle Kunde genervt, reagiert nicht mehr auf Kampagnen

 

Aus diesem Beispiel der ermittelten Schwächen aus Kundensicht könnten z.B. folgende Anforderungen an die Kommunikation abgeleitet werden:

Kundenkommunikation ist eine strategische Unternehmensaufgabe

Die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit seinen Kunden kommuniziert, ist von entscheidender strategischer Bedeutung für den langfristigen Erfolg und das Bestehen des Unternehmens im Wettbewerb. Bevor jedoch ein strategisches Projekt ins Leben gerufen wird, sollte gemeinsam mit der Geschäftsleitung eine Vision bzw. eine Strategie entwickelt werden. Wenn die Ziele des Projektes nicht klar definiert werden können und die Geschäftsleitung nicht hinter dem Projekt steht, wird der Erfolg zwangsläufig hinter den Möglichkeiten zurückbleiben. Fragestellungen sind beispielsweise:

  • Was erwartet sich das Unternehmen von einer neu ausgerichteten Kundenkommunikation?
  • Über welche Kanäle möchte das Unternehmen mit den Kunden kommunizieren?
  • Zur Verfügung stehende Budgets und Ressourcen.
  • Welche Inhalte, Prozesse und Rollen müssen geschaffen bzw. angepasst werden, um die Strategie umzusetzen?
  • Anhand welcher Kennzahlen soll der Erfolg gemessen werden?
  • Welche Technologien könnten hilfreich sein, um die Ziele zu erreichen?

Die genannten Fragen stellen nur eine Auswahl der zentralen Punkte dar, mit denen sich das Unternehmen zu Beginn des Projektes beschäftigen muss.

Von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Vorhabens „Kundenkommunikation aus einem Guss“ ist  insbesondere die abteilungsübergreifende Kollaboration.

IT-Projekte: Nicht immer bemerkt man das Scheitern

Vor allem Marketing, Vertrieb und Kundenservice sind üblicherweise Silos innerhalb des Unternehmens. Die Stakeholder aus den relevanten Abteilungen müssen frühzeitig berücksichtigt und „abgeholt“ werden, um nicht von vorneherein eventuell mächtige Gegenspieler auf den Plan zu rufen. Da es beim Thema Kundenkommunikation zu großen Teilen um System- und Datenintegration geht, sollte auf jeden Fall auch die IT-Abteilung eine tragende Rolle spielen. Daher müssen zu Beginn des Projektes die unterschiedlichen Abteilungen auf ein gemeinsames Ziel eingestimmt werden, ohne bei der Lösungsfindung und Implementierung Zeit durch Reibungsverluste zu verlieren.

Komplexe IT-Projekte scheitern häufig an einer mangelhaften Zusammenarbeit zwischen IT-Abteilung und Fachbereichen. Beide Fraktionen sprechen zumeist eine andere Sprache und haben unterschiedliche Auffassungen von Projektarbeit. Oft wird der Fehler gemacht, dass die Fachbereiche zu Beginn eines Projektes ihre Lösungsanforderungen definieren, diese an die IT geben und sich dann nicht mehr weiter darum kümmern. Am Ende wird die Lösung zwar aus Sicht der IT den Anforderungen entsprechen, aus Sicht der Fachbereiche ist sie jedoch unvollständig, nicht praktikabel und im schlimmsten Fall unbrauchbar.

IT und Fachbereich sollten daher das Projekt gemeinsam leiten. Ein IT-Projektleiter und ein Co-Projektleiter aus dem Fachbereich (oder umgekehrt) sind im Idealfall mit klar gegeneinander abgegrenzten Kompetenzen gemeinsam verantwortlich. Im Projektteam sollten neben IT-Mitarbeitern auch Mitarbeiter aus den Fachbereichen vertreten sein, welche für die Dauer des Projektes von ihren eigentlichen Aufgaben ganz oder teilweise freigestellt sind. In regelmäßigen Abständen sind gegenüber einem Projektlenkungsausschuss, bestehend aus Mitgliedern des Managements der Fachbereiche, die Projekterfolge zu dokumentieren. Auch müssen die Anforderungen im Laufe des Projektes des Öfteren überprüft und ggf. angepasst werden.

Unabhängig von der IT-Lösung sollten gemeinsam mit allen beteiligten Fachabteilungen Guidelines für die Kundenkommunikation erarbeitet werden. Ein Beispiel hierfür ist die Art der Ansprache: „SERIÖS“ oder „LÄSSIG“, „DU“ oder „SIE“. Ein vermeintlich einfacher, aber sehr wichtiger Schritt in Richtung einer Kommunikation aus einem Guss.

Einen Überblick über Prozesse und die bestehende Infrastruktur verschaffen

In vielen Unternehmen ist, historisch gewachsen, eine Vielzahl von abteilungsindividuellen Lösungen vorzufinden, um den jeweils unterschiedlichen Kommunikationsanforderungen gerecht zu werden. Eine Kundenkommunikation aus einem Guss erfordert jedoch, Silos miteinander zu vernetzen und gegebenenfalls in eine neue Lösung zu integrieren, mit welcher die gesamte Kundenkommunikation abteilungsübergreifend gesteuert werden kann. Es kann auch durchaus sinnvoll sein, bestehende Systeme in diesem Zuge abzulösen. Hierzu sollte zunächst eine Bestandsaufnahme der tangierten Infrastruktur durchgeführt werden, beispielsweise:

  • CRM- und ERP-Systeme (z.B. Siebel, SAP)
  • Datenbanken
  • Datawarehouse / BI-Lösungen
  • Telefonanlage / CTI
  • Dokumentenmanagement und Archivlösungen
  • Office Lösungen
  • Druck und Versandlösungen
  • Software E-Mail-Marketing
  • Software SMS-Versand
  • Software Kampagnenmanagement
  • Social Media Distribution
  • Portale
  • Eigenentwicklungen – Altsysteme
  • Lösungen externer Dienstleister (z.B. zum E-Mail-Versand)

 

Demnächst: Im zweiten Teil des Beitrags geht es um Lösungen und das Fazit.

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